Mittwoch, 25. April 2018

Glücklich glutenfrei...auf Reisen


So langsam beginnt die Urlaubszeit in Deutschland und wenn Du wie ich Zöliakie hast, oder aber jemanden um Dich herum, der von dieser Krankheit betroffen ist, dann kennst Du sicherlich gut, worüber ich gleich schreiben mag: Glutenfreie Urlaubsplanung.
Esterel Mountains, Southern France
Neulich fiel mir auf, dass es nun schon über 5 Jahre her ist, dass ich diagnostiziert wurde und wie viel einfacher es mir mittlerweile fällt, gerade Reisen, bei denen ja tagtäglich auswärts gegessen wird, vorzubereiten. Das heißt nun nicht, dass das ein leichtes Unterfangen ist, aber ich habe mir über die Jahre dann doch ein paar gute Strategien überlegt.

Wahl des Reisezieles

Ja, der Lieblingsmensch und ich machen die Wahl unserer Reiseziele tatsächlich ein Stück weit abhängig von der Möglichkeit, vor Ort Essen für mich zu finden. Je mehr Einschränkungen Du hast, desto nötiger wird das auch.
Nizza, Cote D'Azur
Ein Beispiel:
Wir überlegen schon seit ein paar Jahren immer mal wieder, nach Kroatien zu reisen. Ein wenig Onlinerecherche ergab, dass es wohl nur eine gesicherte Möglichkeit an einem Ort gibt, glutenfreie Produkte zu kaufen, darüber hinaus ist die lokale Küche super fleischlastig. Das ist prima, wenn Du Zöliakie hast und Fleisch isst, denn Kurzgebratenes und Gemüse sind nicht schwer zu bekommen, aber ziemlich blöd, wenn Du wie ich Zöliakie hast und Vegetarierin bist. Dann bleibt nämlich genau gar nichts übrig, denn üppige Salate sind in dieser Landesküche nun nicht gerade Standard.

Um einen Urlaub in Kroatien zu realisieren, müssten wir also
a) mit dem Auto anreisen, denn zumindest glutenfreies Brot und Pasta würde ich für die gesamte Reisedauer mitbringen müssen und
b) auf jeden Fall in eine Ferienwohnung gehen. Damit haben wir grundsätzlich gar kein Problem und machen das auch regelmäßig, aber wir hätten gerne zumindest die Möglichkeit, 1-2 Mal im Urlaub auch essen zu gehen. Außerdem müsste ich unter diesen Gegebenheiten bei jedem Ausflug immer genügend Essen für mich dabei haben (gerade, wenn’s ein Tagesausflug ist) und im Zweifelsfall dem Lieblingsmenschen im Restaurant zugucken, wie er isst, das wollen wir beide nicht.
Kroatien bleibt damit auf unserer Vielleicht-Irgendwann-Mal-Liste.

Als tiefenentspannte Urlaubsziele haben sich dagegen wieder und wieder Italien und die Niederlande entpuppt, jeder weiß, was Gluten und Zöliakie sind, es ist problemlos möglich, zum Essen glutenfreies Brot zu bekommen und besonders in Italien hat wohl jeder verstanden, wie traurig ein Leben ohne Pizza und Pasta wäre.
Herrlich! 
Dunes in Egmond aan Zee, Noordholland
Wie gehen wir also vor, wenn wir über unseren Urlaub nachdenken? Wir stellen eine kurze Liste an möglichen Zielen zusammen und dann recherchiere ich als allererstes, wie gut oder eben auch schlecht sich glutenfreies Essen finden lässt.
Das inkludiert sowohl Einkaufsmöglichkeiten, als auch die lokale Küche. Dabei stellt sich meistens ziemlich schnell heraus, ob das angepeilte Ziel gut geeignet ist oder ob es eher schwieriger wird, außerdem kann ich so schon erkennen, welche Stadt oder Region sich vielleicht eher eignen würde oder auch nicht.

Wahl der Unterkunft

Wie schon bei den Überlegungen zu Kroatien angerissen, hast Du ja grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten der Unterbringung, die das glutenfreie Reisen leichter machen können – aber nicht unbedingt müssen.

Der Lieblingsmensch und ich überlegen uns meist schon im Vorfeld, ob wir eher Lust haben auf einen Urlaub im Hotel, oder in der Ferienwohnung. Campen ist nicht ganz so sehr die Sache des Lieblingsmenschen, aber auch eine gute und vor allem gut kompatible Variante, gerade, wenn Du im eigenen Wohnwagen oder Wohnmobil anreist, denn dann kannst Du einfach alles mitbringen, was Du benötigst.

Im Hotel

Entscheiden wir uns für einen Aufenthalt im Hotel, ist meine erste Suche bei Google die nach glutenfreien Angeboten. Dafür einfach ‚Hotel + glutenfrei / glutenfree + Ortsnamen’ googeln und Dich im besten Fall über eine Trefferliste freuen.
Es gibt mittlerweile auch Reiseanbieter, die auf glutenfreie Gäste spezialisiert sind, da ich aber noch nie über einen solchen Service einen Urlaub gebucht habe, kann ich dazu wenig sagen.
Alsace, France
Überraschend viele Hotels bieten ein glutenfreies Frühstück an, darauf achte ich immer bei der Buchung, denn ich habe morgens wenig Lust, ewig nach etwas Essbarem zu suchen.
Je nach Urlaubsort und Deinen Urlaubsgewohnheiten (Strandlieger oder Ausflugsflitzer) ist es dann mehr oder eben weniger sinnvoll, auch gleich noch die Option für’s Abendessen oder gar Vollpension zu buchen. In den Fällen achte aber ganz unbedingt darauf, dass das Hotel ausdrücklich glutenfreies Essen anbietet, sonst kann es passieren, dass Du für eine Leistung zahlst, die Du dann gar nicht nutzen kannst.
Im Zweifel ist es immer hilfreich, dem Hotel schon vor der Buchung eine Email mit Deinen Fragen zu schicken, in der Regel bekommst Du schnell eine Antwort.

An dieser Stelle unserer Planung schaue ich mir auch schon potentielle Ausflugsziele an und suche dort nach Möglichkeiten, mittags oder abends zu essen. Außerdem schaue ich nach glutenfreien Möglichkeiten vor Ort, um mir eine mögliche Alternative zur Halb- oder Vollpension zu schaffen.

Bei der Buchung gebe ich immer im Kommentarfeld an, dass ein glutenfreies, vegetarisches Essen benötigt wird, außerdem schreibe ich zusätzlich noch eine Email an das Hotel. Auf diese Weise kann ich sicher sein, dass die Info vor Ort ankommt, selbst wenn ich eine Pauschalreise buchen sollte.

In der Ferienwohnung

Entschiedest Du Dich für eine Ferienwohnung oder ein Haus zur Miete, solltest Du natürlich auf andere Dinge achten, bzw. daran denken.

Zunächst einmal ist es sinnvoll zu klären, ob Du in der Nähe die Möglichkeit hast, glutenfreie Produkte einzukaufen, oder ob Du – denk an Kroatien – alles mitbringen musst. Ich suche daher immer zuerst nach Bioläden, weil die in der Regel auch glutenfreie Produkte führen und dann nach großen Supermarktketten. Damit bin ich z.B. in Frankreich sehr gut gefahren.

Dann ist es wichtig im Kopf zu haben, dass die Küche der Ferienwohnung voll ist von Quellen der Kreuzkontamination. Zumindest ein glutenfreies Schneidebrett habe ich daher in diesem Fall immer dabei, reisen wir mit dem Auto an, kommt auch zwingend mein glutenfreier Toaster mit.
Toastbeutel können eine Alternative sein, die Du einpacken solltest, denn die meisten glutenfreien Brote müssen aufgebacken werden, damit sie genießbar sind.
Grundsätzlich gilt: lieber selbst nach Ankunft noch einmal alle Oberflächen der Küche reinigen, um sicher zu gehen, dass Du nicht krank wirst.
Wineyard in Vienna
Zusätzlich solltest Du Dich über das gastronomische Angebot vor Ort informieren, wenn Du nicht jeden Tag kochen möchtest. 

Auch für die Ferienwohnung gilt: Nimm Dir jetzt in der Planungsphase die Zeit, mögliche Ausflugsziele zu prüfen und stell Dir nach Möglichkeit schon mal eine grobe Liste zusammen mit Adressen. Du möchtest nicht abends hungrig durch eine Stadt irren, die Du nicht kennst und nach Essbarem suchen.

Vor der Reise

Glückwunsch, Du hast es geschafft, ein Urlaubsziel ist ausgesucht und eine Unterkunft gebucht, der Vorfreude steht nichts mehr im Wege!

Etwa 4-2 Wochen vor Reiseantritt schaufele ich mir noch einmal Zeit frei, um Folgendes zu tun:

Wenn wir im Hotel übernachten, frage ich dort noch einmal nach, ob die glutenfreie Reservierung hinterlegt ist. Ja, das nervt manche Mitarbeiter, aber ich gehe sonst hungrig ins Bett oder werde krank, also müssen wir da alle durch.

Ich stelle eine Liste mit möglichen Restaurants zusammen. Das mache ich final erst so kurz vor Reiseantritt, weil ich dann ziemlich sicher gehen kann, dass das ausgesuchte Restaurant noch existiert und auch keinen Urlaub hat, wenn ich dort bin.
Vor Ort können sich vielleicht ganz andere Restaurants finden, die uns viel besser gefallen, aber diese Liste ist meine Fallback-Lösung und hat uns schon so manches Mal gut geholfen.
Planst Du eine Städtereise, dann markiere, bzw. sortiere Dir die Restaurants nach Stadtteilen, das macht es dann sehr einfach, spontan etwas zu finden.
Village in the Esterel Mountains, Southern France
Daneben stelle ich eine Liste mit den für mich wichtigen Wörtern – glutenfrei, vegetarisch, Weizen, Mehl, Stärke usw. – in der Landessprache des Urlaubszieles zusammen. In Ländern mit romanischen Sprachen brauche ich das nicht unbedingt, aber wer weiß schon, was glutenfrei auf, sagen wir, Ungarisch heißt?
Eben!
Diese Liste drucke ich mir aus und hab sie immer dabei, im Notfall ist so etwas im Restaurant extrem hilfreich.
Vorlagen zu solchen Listen, bzw. Zusammenstellungen in verschiedenen Sprachen findest Du auch auf den Seiten der Deutschen Zöliakiegesellschaft.

Bei Reisen, die das Mitnehmen von Proviant erfordern, bestelle ich jetzt, was ich brauche, damit ich auch bei verzögerten Lieferzeiten keine Probleme bekomme.
Sunset in Egmond aan Zee, Noordholland
Haben wir einen längeren Flug gebucht, wird die Fluggesellschaft kontaktiert, zudem mache ich mir ein paar Gedanken darüber, was ich während der Reise essen kann, wenn es keine glutenfreie Option an Board gibt. Hast Du eine Reise mit längerem Zwischenstopp, schau auf der Homepage des Flughafens nach, ob Du dort etwas essen kannst, ansonsten musst Du auch diese Zeit mit Mitgenommenem überbrücken.

Vor Ort

Sind wir im Hotel, mache ich beim Einchecken noch einmal darauf aufmerksam, dass ich glutenfreies Essen benötige. Du möchtest gar nicht wissen, wie oft ich an dieser Stelle in große Augen geschaut habe, obwohl das Ganze vorher ja schon zwei Mal kommuniziert wurde...also bloß keine Angst davor haben, jemanden zu nerven. DU bist der Gast und DIR soll es gut gehen!

Kommen wir in einer Ferienwohnung an, checke ich dort zunächst die Küche und mache mir eine Einkaufsliste, die bei Bedarf auch Putzzeug beinhaltet, dann geht es auf zum nächsten großen Supermarkt und evtl. auch zum Bioladen.

Bei jedem Spaziergang durch den Ort – wenn Du denn Urlaub in einem Ort machst und nicht außerhalb – schauen wir immer mal wieder nach den Speisekarten der Restaurants und fragen auch schon mal den einen oder anderen Kellner gezielt, ob es vegetarische, glutenfreie Gericht gibt. Häufig lautet die Antwort nein, aber man könne etwas für mich zubereiten, in dem Fall reservieren wir dann oft sofort. Auf diese Weise kann sich die Küche auf mich vorbereiten und ich weiß, dass ich etwas Leckeres bekomme. Fair für beide Seiten, finde ich.
Village in the Esterel Mountains, Southern France
Grundsätzlich machen wir bei jeder Reservierung im Restaurant darauf aufmerksam, dass ich dieses spezielle Essen benötige und in aller Regel ist der Koch froh, wenn er vorgewarnt wird.

Worauf wir bei jeder Tour ebenfalls – schon unterbewusst - achten, das ist das Glutenfrei-Zeichen, die durchgestrichene Ähre. Besonders in Italien haben wir dieses Zeichen als Aufkleber im Fenster oder als kleine Fahne vor dem Eingang schon häufig entdeckt und dann wieder eine Anlaufstelle gefunden.
street scene in Jerusalem
Und wenn Dir nichts davon begegnet? Keine Ähre, keine hilfreichen Kellner, kein freundlicher Koch, kein gar nichts?
Nun, dann hab ich noch ein paar Tipps für Dich:

1. Salat geht immer
...und zwar ohne Dressing! Lass Dir lieber Essig und Öl geben, fertige Dressings haben ganz oft modifizierte Stärke zugesetzt und die kann krank machen. Weise außerdem darauf hin, dass Du auf gar keinen Fall Croutons oder Brot zum Salat möchtest, beides wird oft darauf gelegt und sag ruhig, dass Du davon krank wirst. Dann weiß jeder, dass Du nicht gerade eine lustige Diät machst und Deine Wünsche werden ernst genommen.

2. Indisch geht immer
Anders als die meisten anderen asiatischen Küchen kommt die Indische ohne Sojasauce als Allheilmittel aus und ist damit vielfach glutenfrei. Sichtest Du ein indisches Restaurant, kannst Du, sofern Du diese Küche magst, recht problemlos hingehen. Natürlich solltest Du auf Brot verzichten, aber das muss ich Dir nicht sagen.
beach in Egmond aan Zee, Noordholland
3. Beilagen kombinieren
Das ist ein Trick, den ich mir angewöhnt habe, gibt es nichts Kompatibles auf der Karte, frage ich einfach nach Beilagenkartoffeln oder Reis und dazu nach Gemüse. Das klappt erfreulich oft, aber Achtung: Bratkartoffeln werden schon mal mit etwas Mehl knuspriger gemacht, frag also in dem Fall unbedingt nach!

4. Umbauen, umbauen, umbauen
Und damit meine ich Gerichte, die schon auf der Karte stehen. Wie oft schon habe ich darum gebeten, mir ein Risotto ohne Fisch oder Fleisch zu servieren (Vorsicht! Unbedingt nachfragen, ob das Risotto glutenfrei ist, leider verwenden viele Küchen gekörnte Brühe mit modifizierter Stärke!) oder habe Komponenten aus verschiedenen Gerichten zusammengestellt wie beispielsweise Polenta und Ratatouillegemüse. Meistens ist das kein Problem.

TOP TIPP: Oft fragen der Lieblingsmensch und ich gleich beim Betreten des Restaurants, ob es möglich ist, etwas für mich abzuwandeln. Reagiert der Kellner genervt oder unfreundlich, wechseln wir, wenn möglich, das Lokal.

Und sonst noch?

Dieser Post liest sich vielleicht anders, aber mein wichtigster Tipp ist es, sich nicht verrückt zu machen und verbissen zu versuchen, alles perfekt zu planen. Ich bin noch nie verhungert, es hat sich noch immer eine Lösung finden lassen und mit diesem Wissen im Hinterkopf reist es sich viel entspannter.
Gute Vorbereitung hilft, gar keine Frage, aber wenn das recherchierte Restaurant vor Ort dann doch geschlossen hat, ist das kein Weltuntergang.
sunset in Egmond aan Zee, Noordholland
Und für die kleinen Hungerhänger habe ich meine Notcracker dabei, die nicht viel Platz in der Handtasche wegnehmen und den übelsten Hunger stillen. So können wir uns dann wieder ganz in Ruhe nach einem schönen Ort für die nächste Mahlzeit umsehen.
Lass Dir den Spaß am Reisen nicht nehmen, nur, weil das Ganze ein wenig mehr Vorbereitung erfordert - es lohnt sich!

Und jetzt interessiert mich nur noch, was Deine Reisepläne für dieses Jahr sind?

Liebst,
Sabine