Zu den Erinnerungen
an St. Martin gehören für mich ganz unbedingt Weckmänner. Woanders heißen sie
auch Stutenkerle, immer aber sind die kleinen Männchen aus leicht süßem
Hefeteig geformt. Für mich müssen sie eigentlich auch noch eine Pfeife dabei
haben, ich sag es gleich, mein Weckmann hat keine bekommen. Dazu aber gleich mehr.
Weckmänner gehören
für mich also zu St. Martin, genau, wie ein Laternenumzug. Der von unserer
Grundschule führte uns jedes Jahr zum nahe gelegenen Wasserschloss, wo auf der
Freitreppe bei Fackelschein die Mantelteilung stattfand. Dass sowohl meine
Schwester als auch ich Jahre später auf eben dieser Freitreppe Hochzeitsfotos
schießen lassen würden, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
Es ging also mit den
Laternen zum Schloss und nach der Mantelteilung immer dem Martinspferd
hinterher zurück zum Schulhof, wo die Eltern mit Schmalzbroten, Weckmännern,
heißem Tee für die Kinder und Glühwein für die Erwachsenen warteten.
So fühlt sich das
Sankt Martin meiner Kindheit an, nach der Stärkung sind wir Martinslieder
singend durch diverse Wohnstraßen gelaufen und haben bergeweise Süßigkeiten
eingesammelt – die haben locker bis Weihnachten gereicht.
Seit meine Zöliakie
diagnostiziert wurde, habe ich keinen Weckmann mehr gegessen und das musste sich in diesem Jahr endlich
ändern! Dazu musste ich es ‚nur’ hinbekommen, einen formbaren Hefeteig zu
zaubern...hach ja...
Nun, das Problem ist
gelöst, geholfen hat mir Freund Zufall. Na gut, eigentlich Freund Schusseligkeit,
wenn die auch oft keine so gute Freundin ist.
Meine Hefeteige waren
immer und immer wieder zu klebrig, um in eine Form gebracht zu werden, zu
feucht und einfach eine Katastrophe. Wenn auch eine mit leckeren Folgen, denn
geschmeckt hat das Ergebnis immer. Nur anders, als in eine Form geworfen backen
konnte ich die Teige nie.
In den letzten Wochen
habe ich damit experimentiert, mehr Bindung in den Teig zu bekommen, mal habe
ich gemahlene Flohsamenschalen verwendet, dann wieder Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl
oder auch Xanthan. Das Ergebnis war immer wieder nicht das, was ich mir
vorgestellt hatte, ein formbarer Teig nämlich, der keine innige Verbindung mit
meinen Händen eingeht, sprich: klebt wie die Hölle.
Dann habe ich aus
Versehen Flohsamenschalen und
Xanthan in den Teig gemischt, reine Schusseligkeit, wie schon erwähnt. Ich habe
mir keine große Hoffnung auf ein form- oder essbares Ergebnis gemacht und
dann...tja, dann hatte ich den perfekten Teig! So leicht kann es manchmal
gehen.
Und so kann ich Dir
heute meinen Weckmann zeigen, etwas eigenwillig ist die Form geraten, aber ich
habe ja auch eine jahrelange Pause im Teigformen machen müssen. Im nächsten
Jahr wird er hübscher und bekommt seine Pfeife, die ich in kleinen Mengen und
kurzer Zeit nicht auftreiben konnte. Dafür hat Hans-Günther, wie ich das
Männchen getauft habe, eine dicke rote Fliege um den Hals bekommen, ein
bisschen Schmuck musste sein.
So, genug der langen
Vorrede, ab in die Küche!
Weckmann (glutenfrei)
Du brauchst für 2 Weckmänner
20g frische Hefe
(glutenfrei)
30g Reissirup
150ml Milch, lauwarm
125ml Wasser, lauwarm
(alternativ nur 275ml lauwarme Milch)
440g Brotmehl, glutenfrei
(ich hatte Mix B von Schär)
40g Maisstärke
Prise Salz
2g gemahlene
Flohsamenschalen
3g Xanthan
50g Butter, zerlassen
Schale von ¼ (Bio)Zitrone
100g Joghurt
1 Ei, Gr. L
glutenfreies Mehl zum
Ausrollen (ich hatte Reismehl)
Milch zum Bepinseln
evtl. Rosinen zur Deko
evtl. Gipspfeife zur Deko
Wasser und Milch
werden gemischt und erwärmt, Hefe und Reissirup darin aufgelöst. An einem
warmen Ort etwa 15 Minuten stehen lassen, bis die Flüssigkeit anfängt, Blasen
zu werfen.
Parallel werden Mehl,
Stärke, Flohsamenschalen, Xanthan und Salz sorgfältig miteinander vermischt.
Ist die
Hefeflüssigkeit fröhlich blubbernd soweit, kommen die Mehlmischung, die
flüssige Butter, Joghurt, Ei und der Zitronenabrieb dazu.
Mit dem Mixer
(Knethaken) für 6-7 Minuten durchmischen. Der Teig wird durch die Bindemittel
fester, bleibt aber noch leicht klebrig, das passt so.
Mit Klarsichtfolie
abdecken oder aber die Rührschüssel in eine große Tüte einschlagen und an einem
warmen Ort* für etwa 45 Minuten gehen lassen, bis sich das Teigvolumen nahezu
verdoppelt hat.
(* Ich habe das
Glück, einen Backofen mit einer Gärstufe zu besitzen, kann also meine
Gärumgebung gut kontrollieren. Du kannst auch Deinen Backofen zum Gären nutzen,
dazu einfach nur die Glühbirne anstellen und das am besten gleich zu Beginn der
Teigvorbereitungen. Dann sollte der Backofeninnenraum zum gewünschten Zeitpunkt
um die 30 Grad haben.)
Jetzt kommt der
spaßige Teil, wir bringen den noch immer dezent klebrigen Teig dazu, ganz
kooperativ zu werden.
Dazu eine sehr
biegsame Silikonmatte oder aber ein großes Stück Frischhaltefolie recht
großzügig mit dem glutenfreien Mehl bestäuben. Ich habe das mit Reismehl
gemacht, Du kannst aber auch einfach die schon verwendete Mehlmischung benutzen.
Der Teig wird auf das
Mehl gesetzt und dann mit Hilfe der biegsamen Unterlage (also Silikonmatte oder
Frischhaltefolie) behutsam geknetet. Das Mehl wird eingearbeitet und nach
maximal 2 Minuten hast Du einen formbaren Teig, der nicht mehr klebt.
Der Teig wird
halbiert und in 2 Rollen von etwa 20cm geformt. Diese legst Du weit voneinander
entfernt auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech. Alles, was Du jetzt noch
brauchst, ist ein Messer.
Mit dem wird je ein
etwa 2-3cm großes Stück an einem Ende der Teigstangen abgetrennt, das zu einer
Kugel geformt und als Kopf wieder angesetzt wird.
Am anderen Ende der
Stangen werden diese auf einer Länge von etwa 7cm mittig halbiert. Die so
entstehenden Enden etwas nach außen biegen, das sind die Beine des Weckmannes.
Für die Arme wird auf
halber Strecke zwischen Beinen und Kopf der Teigstrang seitlich eingeschnitten.
Ich habe einen Arm abstehen lassen und einen auf den Bauch des Männchens
geklappt, das kannst Du machen, wie Du magst.
Nun wird der Teig
noch dünn mit Milch eingepinselt und Dein Weckmann dann nach Belieben verziert.
Wie Du auf den Bildern sehen kannst, habe ich mich für eine recht
minimalistische Variante entschieden, mein Männchen hat nur drei Rosinenknöpfe
bekommen.
Lass Deiner Phantasie
einfach freien Lauf!
Im auf 225°C
Ober-/Unterhitze vorgeheizten Backofen brauchen Deine Weckmänner jetzt 15
Minuten, bis sie goldig sind und gut duften.
Aus dem Ofen nehmen,
abkühlen lassen und genießen!
Die angegebene
Teigmenge reicht für 2 Weckmänner, ich habe tatsächlich nur einen gebacken und
aus der anderen Teighälfte ganz was anderes gemacht – Rezept folgt bald.
Der Weckmann schmeckt
richtig gut, nicht sehr süß, aber so mag ich es. Wenn Du es lieber süßer magst,
kannst Du locker noch bis zu 30g Zucker im Teig verarbeiten.
Auch der
Zitronenabrieb ist nicht ganz klassisch im Weckmann, schmeckt mir aber richtig
gut. Wenn Du es sehr traditionell liebst, oder aber Zitrone einfach nicht magst
– weglassen, das kennst Du schon von meinen Rezepten.
Der Teig ist schön
fluffig und feinporig, genau, wie er sein sollte, und ich finde ihn super!
Übrigens auch perfekt geeignet für süße Sonntagsbrötchen, ich wollte es nur
erwähnen. In dem Fall würde ich den Teig schon am Samstag zubereiten und über Nacht im
Kühlschrank gehen lassen. Sonntags dann nur noch formen und backen.
Jetzt fehlen mir zum
Martinsglück nur noch eine Laterne, ein Wasserschloss, ein Schimmel und ein
Reiter – die werden sich ja wohl auftreiben lassen ;-).
R.I.P., Hans-Günther, lecker warste!
Liebst,
Sabine