Mittwoch, 6. März 2019

40 Tage ohne


Heute beginnt sie wieder, die Fastenzeit. In den 40 Tagen vor Ostern wurde früher streng gefastet, als Erinnerung an die 40 Tage, die Jesus in der Wüste gefastet hat.

Nun, heute geht alles deutlich weniger streng zu und ich war echt überrascht, wie unfassbar kreativ die beginnende Fastenzeit mittlerweile genutzt wird. Vom Auto- übers Plastikfasten, von Social Media bis Shopping – gefastet werden können offenkundig nicht nur Alkohol, Süßigkeiten oder Fleisch.
Ein wenig erinnert mich das Ganze an die guten Neujahtsvorsätze (die ja auch schon wieder so weit zurückliegen) – und zwar in der Light-Variante. Denn beim Fasten geht es vordergründig zunächst nicht darum, das eigene Verhalten dauerhaft zu ändern. Nur 40 Tage lang muss durchgehalten werden und das ist doch machbar. Natürlich steckt hinter Ideen wie dem Fasten von Süßigkeiten, von Fast Fashion, Social Media und Fleisch die Absicht, das eigene Verhalten eben doch dauerhaft zu ändern. Aber mit einem sanfteren Einstieg, als es etwa die Neujahrsvorsätze zulassen.

Und das ist ja ein gar nicht mal blöder Gedanke. Denn uns allen fällt es wesentlich leichter, das eigene Verhalten für einen überschaubaren Zeitraum zu ändern. Wie lange dieser Zeitraum dauert, ist im Grunde erst einmal ziemlich egal, nur allzu lang sollte er nicht sein. Dann wird’s wieder unübersichtlich für unser Gehirn und das mag es nicht.
Dazu kommt, dass der Mensch je nach Studie, die zu Rate gezogen wird, 30 bis 90 Tage braucht, um sein Verhalten dauerhaft zu ändern. Um nämlich eine neue Tätigkeit zur Gewohnheit werden zu lassen. Oder eben auch das Weglassen einer Tätigkeit, das ja beim Fasten im Mittelpunkt steht.

Und wenn es mir auch äußerst schwer fällt, 40 Tage lang meine Ernährung umzustellen, um an eine biblische Figur zu erinnern, so finde ich den Ansatz, diesen Zeitraum als Chance zu nutzen, super. Eine Chance nämlich, Verhaltensweisen, die ich nicht mag, die mich behindern oder mir immer wieder ein Bein stellen, abzulegen. 
Versteh mich nicht falsch, dem gerade so schicken Wahn der gnadenlosen Selbstoptimierung kann ich hervorragend widerstehen. Aber es gibt Dinge, an denen ich arbeiten möchte. Ganz unabhängig übrigens von der Fastenzeit tu ich das eh schon. Jetzt aber vielleicht noch ein wenig intensiver und in einem festgelegten Zeitrahmen. Mit der Hoffnung, dass sich gute Gewohnheiten dann einschleifen.

Was das ist, das mich so nervt und sich so schwer abschütteln lässt?
Mein elender Perfektionismus, über den ich Bücher schreiben könnte. Woher er kommt, da habe ich so meine Ideen zu, die mir aber nicht wirklich helfen, ihn wieder loszuwerden.
Und das würde ich echt gerne. Er kostet mich nämlich unfassbar viel Kraft.
Dabei verlange ich von mir nichts, was ich nicht liefern könnte, das ist nicht das Problem. Aber ich könnte auch ein Ergebnis liefern, das 5% schlechter ist und es wäre noch immer sehr gut. Diese 5% zwischen sehr gut und „Sabine-ist-zufrieden“ sind es aber, die mich locker 60% Kraft kosten.
Völlig unverhältnismäßig und das gerade vor dem Hintergrund, dass meistens nur ich selbst diese 5% überhaupt noch wahrnehme. Niemandem würde auffallen, wenn es sie nicht gäbe. Unterm Strich komme ich nämlich meist locker auf 105%. Weil ich immer noch ein bisschen besser sein muss, als einfach nur sehr gut, weil ich immer noch eine Kirsche auf die Sahne setzen und das Ganze mit glitzernden Streuseln besprenkeln muss.

Völlig verrückt?
Stimmt!

Ich finde das auch verrückt und anstrengend und nervig. Und deshalb arbeite ich daran, es besser zu machen. Also, eigentlich ja schlechter. Ein bisschen zumindest, so dass meine Ergebnisse (in welchem Bereich auch immer) weiterhin sehr gut sind – Minus die 60% Kraft, die für meine 5% Verrücktheit draufgehen.

Ich werde also Perfektionismus-Fasten und habe mir für die 40 Tage vorgenommen, jeden Tag mit etwas in meinen Augen Unperfektem zu leben. Vielleicht werde ich sogar wild und poste mal etwas davon…wer weiß.
Für heute lebe ich erst einmal damit, nicht die richtige Schrifttype für all die klugen Sprüche gefunden zu haben, die diesen Post begleiten. Und bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich das hier dennoch poste und nicht einfach noch bis Mitternacht nach dem perfekten Pinselschwung suche.
Geht doch!

Liebst,
Sabine