Mittwoch, 13. Februar 2013

Ich tu mich schwer...


...mit Dingen, die ich auf Kommando fühlen soll. Und so bin ich weder ein großer Fan von Karneval noch vom Valentinstag. Und dieses Jahr gibt es nicht einmal eine Verschnaufpause zwischen Beidem.

Karneval, das ist Fröhlichkeit auf Bestellung, auf Knopfdruck soll ich gut drauf sein und wenn ich es nicht schaffe, hilft im Zweifel viel Alkohol.

Versteh mich nicht falsch.

Ich hab das alles mitgemacht.

Als Kind war ich sogar Funkemariechen. (Ja, es gibt Bilder von der kleinen, dezent pummeligen Sabine in Gardeuniform – und nein, die Bilder bleiben hübsch im Schrank. Ganz tief unten.) Ich fand es toll, ich mochte die Verkleidung, ich mochte es, zu tanzen, ich mochte die Uniform (rot und weiß, die Farben stehen mir aber auch gut ;-)!).
Was ich damals schon nicht mochte, das war die aufgesetzte Fröhlichkeit, die mir vielerorts entgegen geschlagen ist, weniger im Straßenkarneval (wenn Du im Zug mitgehst, bist Du gut beschäftigt), als vielmehr im Sitzungskarneval. Viele Menschen in einem Raum, davon hatte sicherlich gerade einmal die Hälfte wirklichen Spaß. Viel Alkohol. Viele Bützchen (für alle Nichtrheinischen: Küsschen), auch für uns kleine Mädchen, das war der Teil, den ich am wenigsten mochte.

Irgendwann wurde ich dann älter, ich bin nicht mehr zu den Proben der Tanzgarde gegangen, ich war kein Teil des Umzugs mehr und Karneval, das wurde eine ferne Kindheitserinnerung. Auch und gerade, weil es irgendwann nur noch um eins ging – wer in kürzester Zeit am meisten Alkohol getrunken hat.

Ich gestehe, ich mag kein Bier.
Jetzt ist es raus.
Damit konnte ich aber auch mit dieser Veranstaltung, die eigentlich nur mit viel Bier in Blutbahn und Leber lustig ist, immer weniger anfangen.

Ja, es gibt Menschen, die haben einfach so enorm viel Spaß am Karneval. Das ist toll. Ich bewundere jeden, der es schafft, pünktlich zum Sessionsbeginn, zu Altweiber und Rosenmontag wie angeknipst gute Laune zu haben. Echt, das ist super.
Ich kann es nur nicht.
Ich bin furchtbar mies darin, ‚auf Bestellung’ diese oder jene Laune zu haben, froh zu sein, weil es erwartet wird, glücklich zu sein, weil ich es zu sein habe – oder auch romantisch gestimmt zu sein, nur, weil der Kalender ein bestimmtes Datum anzeigt.

Womit wir beim zweiten Tagesordnungspunkt wären, dem Valentinstag.
Puh, wo fang ich da an...

Meine Mutter hat es einmal sehr schön auf den Punkt gebracht: „Wenn sich jemand das ganze Jahr über seinem Partner gegenüber gleichgültig benimmt, dann braucht er auch nicht am Valentinstag romantisch zu werden. Und wenn sich jemand das ganze Jahr über romantisch und dem Partner zugewandt verhält – dann braucht er den Valentinstag auch nicht.“

Sehr treffend, wie ich finde und das bringt mich zu der Frage:
WER braucht den Valentinstag überhaupt?

Klar, der Einzelhandel, der Blumenhandel, die Schmuck- und Schokoladenindustrie.

Aber habe ich DIE so lieb, dass ich für den Lieblingsmenschen Schmuck, Blumen oder Schokolade kaufe, die der gar nicht braucht?

Eben.

Hab ich nicht.

Ich hab den Lieblingsmenschen lieb - und das sag ich ihm auch, gern täglich und völlig unabhängig davon, welches Datum wir grad schreiben. Wie traurig wäre das denn, wenn ich ihm nur zum Hochzeitstag, Geburtstag und eben dem Valentinstag sagen und zeigen würde, was er mir bedeutet?

Natürlich, man kann den Tag dazu nutzen, um noch einmal extra-romantisch zu sein, um dem Lieblingsmenschen noch einmal ganz deutlich zu zeigen, was er einem bedeutet. Mit Schleifchen drum, sozusagen.
Das machen wir auch. Aber ist es echt nötig, sich daran erinnern zu lassen? Vom Kalender? Und muss ich das gleichsam im Schwarm machen, mit allen anderen zusammen, die auch just an dem Tag ihre Schleifchen um die Liebe binden?
Muss ich nicht.

Sicher, auch hier gibt es diejenigen unter uns, die den Valentinstag wunderbar finden, die sich gern beschenken lassen (OK, wer mag das nicht ;-)?), die die Idee eines eigenen Feiertags nur für die Liebenden unendlich romantisch finden. Toll, wenn es Dir so geht, genieß es.

Was ist jetzt aber mit all denen, die keinen Lieblingsmenschen neben sich haben? Die Single sind und das nicht wirklich toll finden? Die suchen, aber eben noch ein bisschen auf den Lieblingsmenschen warten müssen?
Oder die, die Single sind und das durchaus genießen, die gern mit sich selbst allein sind, die die Vorzüge eines absolut unabhängigen Lebens schätzen? Und denen am Valentinstag von jeder Werbetafel, aus jedem Geschäft, von jeder Litfaßsäule entgegenschlägt, dass ihr Lebensentwurf nichts taugt, weil man nur mit einem anderen Menschen an der eigenen Seite glücklich und erfüllt und zufrieden und glücklich sein kann?
Das ist nicht romantisch, das ist grausam. (Und, spitz gesagt, vielleicht eine doppelt tolle Situation für die Schokoladenhersteller – es kommen ja noch viele Frustkäufe dazu...nur mal so überlegt...)

Und was machen wir jetzt damit? Können wir irgendetwas ändern, außer, den Valentinstag zu ignorieren?

Liebes, wir können.

Ich bin dafür, dass wir aus jedem Tag unseres Lebens einen Tag für die Liebe machen.
Dass wir jeden Tag Liebe in unser Leben bringen, lieben, wer und was und wie wir sind und das ganz ohne kommerziellen Schnickschnack.
Lieben, was wir tun – und tun, was wir lieben.
Lernen, das eigene Spiegelbild zu lieben, erkennen, wie toll wir sind.

Wie genial wäre das denn, wenn wir uns jeden Tag nur einen kleinen Moment lang vergegenwärtigen würden, wie liebenswert wir selber sind? Wie viel Glück wir haben mit all den liebenswerten Menschen um uns herum? Wie viel Liebe eigentlich um uns herum schwirrt und uns jederzeit einhüllt? Wie sehr wir selbst von anderen geliebt werden?

Das wäre unbeschreiblich toll.

Das würde spontan zu deutlich besserer Stimmung führen.

Das würde in jedem von uns ein kleines Licht anknipsen und uns von innen heraus strahlen lassen, ganz ohne Kalenderdatum. Ganz ohne Schmuck und Blumen und Schokolade.

Dumm für die Industrie, dumm für den Einzelhandel – aber grandios gut für Dich.
Für mich.
Für all die lieben Menschen um uns herum.

Bist Du dabei?

Liebst,
Sabine