Heute wollte ich Dir
eigentlich zwei herrlich leckere Ideen für Rhabarber zeigen - und dann kam
mir wieder einmal das Leben dazwischen ;-).
Statt dessen kommt
nun ein etwas nachdenklicher Post, lecker wird es dann morgen wieder,
versprochen.
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Manchmal
entscheidet das Leben für uns.
Einfach
so.
Du
hast schon einen Plan, eine Idee, wohin es geht und Du fühlst Dich gut damit –
und dann, PENG!, hast Du gar keine Wahl mehr, als diesem Weg zu folgen.
Weil
es anders nicht (mehr) geht.
Weil
sich Deine Wahlfreiheit urplötzlich in zementierte Gewissheit gewandelt hat,
ohne, dass Du etwas dafür könntest.
Eine
tolle Sitaution?
Perfekt,
weil Du nichts mehr erklären oder rechtfertigen musst?
Grandios,
weil DEINE Entscheidung nun ganz definitiv und unwiederbringlich umgesetzt
wird?
Nun...nein.
Nicht
vollkommen jedenfalls.
Wär
ja auch zu einfach ;-).
Ich
jedenfalls habe ganz grundsätzlich ein Problem mit Situationen, die festgelegt
sind, an denen ich nichts mehr ändern kann.
Manchmal,
wenn das Leben für Dich entschieden hat, ist es eben nicht mehr Deine eigene
Entscheidung, einen bestimmten Weg zu gehen, Du kannst Dich nicht
umentscheiden, nichts beeinflussen.
Und
DAS ist schwer zu akzeptieren, ich jedenfalls knabber immer wieder daran.
Sich
zu entscheiden im Leben, das heißt immer, ganz unumstößlich, sich zugleich FÜR
und GEGEN etwas zu entscheiden.
Wenn
ich mir bei der netten italienischen Nonna 2 Kugeln Erdbeereis bestelle, dann
entscheide ich mich damit auch gegen alle anderen Sorten.
Wenn
ich mich für ein Jurastudium einschreibe, dann entscheide ich mich für ein
Leben als Juristin – und gegen die Archäologin, Mathematikerin oder
Hirnchirurgin, die ich hätte werden können.
Ja,
das sind einfache Beispiele, aber ich denke, Du weißt, was ich meine ;-).
Manche
Entscheidungen fallen uns ganz und gar leicht, manche überdenken wir selbst gar
nicht, weil die Antwort so fest überzeugt in uns ist, andere Entscheidungen
können wir erst nach schlaflosen Nächten treffen.
Mit
vielen Entscheidungen sind wir hoch zufrieden, mit anderen hadern wir wieder
und wieder.
Was
jedoch kaum passiert, jedenfalls wird (nur in meinem Umfeld?) nicht darüber
geredet, das ist die Lebenswege wirklich zu verabschieden, die Du nicht
genommen hast.
Klingt
komisch?
Ist
gar nicht soo verrückt:
Bleiben
wir beim Beispiel mit dem Studium.
Du
wolltest (vielleicht schon immer) Jura studieren.
Du
magst den Beruf des Anwaltes, Du trittst gern vor Gericht auf, Dir macht das
Studium Spaß, Du findest viele Freunde, die so ticken wie Du.
Toll!
Aber...
Da
gibt es eben auch noch diese andere Seite in Dir.
Die
hätte gern Altphilologie studiert.
Völlig
brotlose Kunst, klar, und ein finanziell gesicherter Lebenswandel ist Dir
wichtig.
Du
möchtest auch nicht Dein Leben an der Uni verbringen und dort forschen und lehren.
Absolut
richtig, diesen Weg nicht einzuschlagen.
Du
bist also mit der Entscheidung, Jura zu studieren, glücklich und zufrieden.
Und
trotzdem – wenn Du an der philosophischen Fakultät vorbeigehst, wenn Du in der
Bibliothek vor der philologischen Abteilung stehst...dann spürst Du einen Stich
im Herz, ganz fein vielleicht nur und leise, aber da.
Es
gibt nun Menschen, die laut und vernehmlich „Hab ich’s Dir doch gesagt!“ in den
Raum schmettern möchten oder etwas Ähnliches.
Wenig
hilfreich auf jeden Fall und vielleicht etwas schadenfroh.
Liebes...solche
Menschen brauchst Du nicht.
Was
Du aber vielleicht gebrauchen kannst ist das hier:
Es
ist vollkommen in Ordnung, Dir Trauer über die Leben zuzugestehen, die Du nicht
führen wirst.
Dir
darüber im Klaren zu sein, woGEGEN Du Dich im Leben entscheidest und das auch
zu betrauern, das bedeutet so gar nicht, mit den Entscheidungen, die Du
getroffen hast, unzufrieden zu sein. Oder gleich ein ganz anderes Leben führen
zu wollen.
Wieso
nur ist es offenbar so abwegig, sich diese Gedanken zu machen?
Wir
treffen alle am Tag tausende von Entscheidungen, über die meisten denken wir
nicht nach und im Grunde ist es häufig kaum wichtig, wie wir uns entscheiden.
Aber
bei den wenigen wirklich wichtigen Dingen, den lebensverändernden
Entscheidungen, DA sollten wir uns zugestehen, uns nicht nur wie Bolle über das
zu freuen, WOFÜR wir uns entschieden haben, sondern uns auch einen Moment
gönnen das bewusst zu verabschieden, WOGEGEN wir uns entschieden haben.
Was
das Ganze soll?
Nun...ich
bin mir irgendwie sehr sicher, dass das etliche Krisen von uns fernhält.
Wer
sich mit 19 BEWUSST für Jura und gegen Altphilologie entscheidet, sich traurige
Momente gönnt und die Altphilologin in sich still begräbt, der hat vielleicht
nicht mit Mitte 40 das Gefühl, den völlig falschen Weg gegangen zu sein.
Wer
sich – idealerweise gemeinsam mit dem Partner ;-) – nach der Hochzeit ein paar
Tränen gönnt über all die interessanten Menschen, denen man nicht mehr, oder
unter gänzlich anderen Vorzeichen begegnen wird, der denkt möglicherweise nicht
15 Jahre nach der Hochzeit panisch darüber nach, im Leben schrecklich viel
verpasst zu haben.
Das
sind nur Beispiele, ich hoffe, Dir wird klar, in welche Richtung ich denke.
Sich
Dinge BEWUSST zu machen, das hilft.
Es
untermauert die eigenen Entscheidungen und stellt sie auf ein sicheres
Fundament, eins, das nicht leicht zu erschüttern ist.
Versteh
mich nicht falsch, Liebes, es geht mir nicht darum, jede Entscheidung, die
einmal getroffen wurde, zu hinterfragen und wieder und wieder zu prüfen.
So
gar nicht.
Wenn
ich mich FÜR etwas entschieden habe, dann sind das Entscheidungen, zu denen ich
stehen kann, sehr lange Zeit und sehr entschieden, ohne jeden Zweifel.
Das
ist aber nur möglich, weil ich mir vorher bewusst mache, wogegen ich mich
entscheide.
Weil
ich mir Zeit und Raum gebe, diese anderen ‚Sabines’, die ich nun einmal nicht
sein werde, zu verabschieden.
„Jede
Entscheidung trägt kleine Tode in sich“, diesen klugen Satz habe ich vor langer
Zeit einmal gelesen, frag mich bitte nicht mehr, wo.
Wahr
ist er jedenfalls.
Und
wenn wir es uns gönnen, diese Wahrheit zu erkennen und diesen kleinen Toden,
na, zum Beispiel Eisstielkreuzchen basteln, dann schützt uns das nicht nur vor
möglichen späteren Lebenskrisen, es erleichtert, so verrückt das erst mal
klingen mag, auch die Entscheidung an sich.
Ich
MUSS nicht mit jeder Entscheidung vollkommen glücklich sein, aber ich habe eine
wesentlich höhere Chance dazu, wenn ich sie ganz bewusst getroffen habe.
Zu
diesem ‚bewussten entscheiden’ gehört nun einmal aber auch, sich die Dinge
bewusst zu machen, die durch unsere Entscheidung ausgeschlossen werden, sei das
nun das Schokoeis oder die Altphilologie.
Und
wenn dann das Leben entscheidet?
Wenn
es nicht mehr in Deiner Hand liegt, wenn Du Dich nicht mehr umentscheiden oder
auch nur darüber nachdenken kannst?
Wenn
sich Dein Lebensweg also nicht mehr wie Deine eigene Entscheidung anfühlt?
Liebes...ich
weiß nur zu gut, wie hart das sein kann.
Wie
wenig es auch in solchen Momenten hilft, Dir all die guten, guten Gründe für
Deine Entscheidung aufzuzählen.
Aber
weißt Du, was hilft?
Ein
Moment ehrlicher Trauer darüber, was nicht sein kann, ohne, dass Du Dich
schlecht oder schuldig fühlst, ohne, dass Du bereust, wie Dein Leben verläuft
oder dass Du bedauerst, was IST.
Oder
aber....ein Studium der Altphilologie ;-)?
Liebst,
Sabine