Diese
Woche habe ich mich mit einer lieben Freundin zum Kaffee getroffen. Neben
vielen, vielen (hey, wir sind Mädchen
;-)!) anderen Dingen kamen wir beide irgendwann auf das leidige Thema
Perfektionismus zu sprechen.
Auf
unseren Perfektionismus, um ehrlich zu sein. Wir können das nämlich beide echt
gut.
Und
Du?
Kennst
Du dieses ungute Gefühl, nie wirklich zufrieden mit Dir zu sein, wenn nicht
alles, aber auch wirklich alles fehlerfrei und wie aus dem (selbstverständlich
von Dir verfassten) Lehrbuch funktioniert – was im Grunde nie der Fall ist,
denn wir sind Menschen und Menschen machen Fehler und leben auch nicht in einer
großen Blase, abgeschottet vom Rest der Welt, das heißt, auch die Fehler
Anderer können unser Script gehörig durcheinander bringen.
Nein?
Liebes,
das ist großartig! Leg Dich entspannt zurück, Du brauchst diesen Post nicht
wirklich, aber vielleicht ist es ja interessant für Dich, von diesen lustigen
Verrückten zu lesen, die sich selbst und andere durchs Leben hetzen ;-).
Ja?
Liebes,
wir schaffen das. Bestimmt. Irgendwann.
Ich
frag mich häufig, woher dieser Drang, alles, aber auch wirklich alles perfekt
machen und können zu wollen, kommt.
Meine
Schwester hat ihn nicht, an der Erziehung kann es also schlecht liegen. Ist es
wirklich so, dass einige Menschen mit diesem inneren Hamsterrad zur Welt
kommen, das sie immer weiter laufen lässt, bis sie schlapp durch eben dieses
Rad geschleift werden? Ist das ein kurioser Gendefekt? Wollten wir eigentlich
Hamster werden?
Ich
hab darauf keine Antwort.
Eins
aber hab ich festgestellt: Wenn ich versuche, diese Seite von mir völlig
abzustellen, dann habe ich noch mehr Stress.
Ich
mag Herausforderungen.
Ich
mag meine To-Do-Listen.
Ich
mag es, organisiert zu sein. (...und bin es doch immer wieder so gar nicht, was
zu kleinen bis mittelschweren Katastrophen führt und zu der Einsicht, dass
Planung eben doch alles und ein guter Freund ist ;-).)
Ich
mag es, in etwas richtig gut zu sein.
Was
ich auch noch gelernt hab, bisher in meinem Leben?
Ich
muss nicht alles perfekt können, um mich damit gut zu fühlen.
Wer
den Perfektionismus nicht kennt, bei wem er nicht wohnt, der wird diesen Satz
vielleicht nicht verstehen. Alle anderen schon. Es ist nämlich so, dass ein
Perfektionist erst einmal nur Spaß an Dingen hat, die er perfekt kann. Bei
denen er seinen eigenen Ansprüchen gerecht wird. Womit auch immer sich diese
Ansprüche begründen.
So
kam es, dass ich lange Zeit nicht gezeichnet habe – ich bin nicht wirklich gut
darin (zumindest nicht so gut, dass ich mit mir zufrieden wäre). Oder beim
Tanzen total gehemmt war. Das hat bei allen anderen einfach immer viel besser
ausgesehen. Und Sport...nein, den mochte ich nicht. Ja, auch, weil ich einfach
keine Sportskanone bin (welcher Hamster eignet sich schon zum Sprint ;-)?),
aber eben genau so sehr, weil ich nie gut darin war.
Irgendwann
habe ich mich dann selbst gefragt, wieso ich mich von so Vielem fernhalte.
Wieso ich mir Gedanken mache darum, ob meine ‚Leistung’ in diesem oder jenem
Gebiet reicht. Wieso, um Gottes Willen, ich eigentlich immer eine LEISTUNG
erbringen muss?!
Geht
es echt darum?
Will
ich zeichnen, weil ich etwas auf’s Papier bringen möchte, oder um mich an der
Kunsthochschule zu bewerben?
Tanze
ich, weil es einfach nur Spaß macht – oder bekomme ich Punkte dafür?
Bewege
ich mich, weil es gut tut, oder werde ich benotet?
Eben.
Wieso
also neigen wir dazu, in allem einen potentiellen Wettbewerb zu vermuten? Wieso
vergleichen wir uns und unser Können andauernd mit dem der Menschen um uns
herum?
Das
ist ganz schön verrückt, wenn Du mal drüber nachdenkst, vor allem, weil jeder
von uns einzigartig ist. Ja, das klingt abgedroschen, aber deswegen ist es ja
nicht falsch.
Jeder
Einzelne kann einige Dinge besonders gut, andere besonders schlecht und ist in
anderen Dingen eher mittelprächtig begabt. Die Kombination unser Begabungen,
Fähigkeiten und Interessen ist es dann, die UNS auszeichnet.
Mich.
Dich.
Die
uns einzigartig macht.
Sicher,
es gibt ganz bestimmt irgendwo noch jemanden wie mich, jemanden, der Sprachen
liebt und darin richtig gut ist, der schreibt und fotografiert und backt und
kocht und... – aber kann diese ‚andere Sabine’ auch meinen Neffen mit nur einem
Blick zum Lachen bringen? Oder auf irgend einem Markt in Jordanien hemmungslos
feilschen? Oder... Du verstehst, worauf ich hinauswill.
JEDER
von uns ist etwas Besonderes, jeder ist einzigartig, jeder ist so wie er ist
großartig.
DU
bist großartig.
Und
besonders.
Und
einzigartig.
Glaub’s
mir.
Wieso
also vergleichen wir uns dann? Das ist ziemlich überflüssig und kann nur schlechte Laune machen. Denn irgendwen gibt es immer, der irgend etwas besser kann als ich.
Muss ich mich deshalb schlecht fühlen?
Nö :-)!
Und
selbst, wenn unser Perfektionismus nicht aus solchen Vergleichen stammt,
sondern nur vom ‚inneren Hamster’ diktiert wird - wieso haben wir so viel
Freude daran, uns selbst unter Druck zu setzen? Uns selbst Aufgaben zu stellen,
die immer ein kleines bisschen zu schwer sind? Die uns die Freude daran nehmen,
etwas gut gemacht zu haben? Denn einfach nur ‚gut’, das reicht dem
Perfektionisten nicht.
Wenn
Du beim Lesen den Eindruck bekommst, dass Perfektionismus schnell etwas
Zwanghaftes haben kann – stimmt ;-)!
Er
ist auf der einen Seite extrem hilfreich, denn er lässt nicht zu, dass Du
mitten in einer Arbeit aufgibst, dass Du nachlässt oder schluderig wirst. Er
treibt Dich an. Das tut er aber auch ziemlich gnadenlos. Pausen machen, einfach
mal nichts tun? Das ist wenig entspannend, wenn man sofort ein schlechtes
Gewissen bekommt und gedanklich die noch ausstehende To-do-Liste durchgeht.
Und
jetzt?
Ich
habe für mich schlicht erkannt – es kommt, wie bei eigentlich allem im Leben,
auf die Dosis an.
Etwas
Perfektionismus ist Gold wert. Zu viel dagegen...und die work-life-balance ist
nicht mehr vorhanden.
Was
ich mit der Erkenntnis mache?
Ich
schau mir den Hamster noch mal genauer an.
Es
stimmt, der rennt nachts gern wie blöd durch sein Laufrad, strampelt sich ab
und bringt vollen Einsatz.
Das kann er aber nur, weil das gute Tierchen die
Tage völlig verschläft.
Weil er sich Pausen gönnt.
Weil er frisst, wenn er
hungrig ist und trinkt, wenn er durstig ist.
Kein Hamster der Welt würde vor
lauter Flitzen durchs Laufrad vergessen, zu essen. Sollte ich also vor lauter Arbeit
auch nicht.
Und
so übe ich mich jeden Tag aufs Neue und mehr oder weniger geduldig darin,
einfach PERFEKT UNPERFEKT zu sein.
Pausen
zu machen, wenn mein Körper sie braucht.
Oder mein Kopf.
Oder mein Sozialleben.
Die
richtigen Prioritäten zu setzen.
Mich
auch mal auszuruhen.
Genießen,
nichts zu tun.
Denn
nur dann hab ich die Kraft, mich auch wieder in mein geliebtes Hamsterrad zu
schwingen und wild ein paar Stunden/Tage/Wochen/Monate (hey...ich übe ja noch ;-)!)
zu rennen.
Wie
machst Du das mit dem Hamsterrad?
Liebst,
Sabine